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AutorenbildHeike HL

DozentSein: Die Macht der Gedanken

Aktualisiert: 6. Aug. 2024

Die Macht der Gedanken als Dozent ist uns oft nicht bewusst. Aber innere Reaktionen wirken nonverbal nach außen. Die kognitive Bewertung einer Situation oder eines Lernenden wird von unseren Wahrnehmungen (die subjektiv sind) gespeist und natürlich auch durch unsere Erfahrungen und Einstellungen. Somit denken wir, dass Eindeutigkeit herrscht und Handeln in Situationen unserer Meinung/Erfahrung nach begründet. Nicht bedenkend, dass es auch ganz anders sein kann.

Letztens hatte ich ein Seminar zu geben und eine Frage drehte sich darum, warum Lernende nicht bereit sind, von allen Lehrenden gleich zu lernen und sogar von bestimmten Lehrenden (wenn Lernende die Wahl haben) nichts annehmen, bzw. sie ignorieren. Der allgemeine Konsens war, dass man sich das als Lernender nicht erlauben dürfe und das sowas nicht gehe. Meine Frage, welche Berechtigung so ein Verhalten aus Sicht Lernender denn haben könnte, sorgte für kurzes Nachdenken, bis jeder eine Idee hatte, warum so ein Verhallen aus Sicht des Lernenden berechtigt sein könnte (und es gibt wirklich erstaunlich gute Gründe!).

Wie ist das eigentlich kognitiv in so einer sozialen Interaktion des Lehr-Lernkontextes?

Die Reaktion auf eine Situation speist sich aus einer Beobachtung inklusive Bewertung - das Verhalten oder die Kommunikation von Lernenden betreffend. Die kognitive Bewertung und Emotion in uns und in unserer Rolle als Dozent sorgt dann für ein entsprechendes Verhalten - daraus ergibt sich eine Reaktion des Gegenübers. Verbal oder Nonverbal (die Bewertung der Lernenden von unserer Rolle als Dozent kommt gratis dazu).

Stell Dir folgende Einstellung vor: "Lernende müssen all das können, was ich ihnen lehre (sonst würde ich es ja nicht tun!), denn ich weiß, was für sie gut ist. Schaffen Lernende nicht, meinen Stoff zu lernen oder zu reproduzieren, liegt es an ihnen und ihrer kognitiven Leistung. Lernende haben also besser aufmerksam zu sein, pünktlich zu kommen und intensiv mitzumachen. Nicht-Zuhören, zu spätes Erscheinen und träumen im Unterricht zeigen, dass Lernende mich und meinen Unterricht nicht zu schätzen wissen oder schlicht - zu dumm sind!"

Nun passiert folgendes: Ein Lernender (oder mehrere) kommt deutlich zu spät in Deinen Unterricht (= Situation). Welche kognitive Bewertung und Emotion bemerkst Du dann? Welches Verhalten resultiert daraus verständlicherweise (nonverbal!) - wie wird die Reaktion Deines Gegenüber sein? Und Deine "Konsequenz" daraus?

Stell Dir folgende Einstellung vor: "Mein Unterricht ist Teil eines Angebots, das Lernende bewusst nutzen (sicher hat es Gründe, dass sie hier sind!). Ich begleite sie auf ihrem Weg zur Professionalisierung, in der Entwicklung Ihrer Rolle als Physiotherapeut und stehe ihnen mit gezieltem, didaktisch reduziertem Wissen und mehreren Angeboten zur Lernmethodik zur Seite. Ich lasse Ihre Persönlichkeits- und Rollenentwicklung zu - und gebe dieser Raum, aber auch Grenzen, wenn ich aus meiner Erfahrung begründete Grenzen sehe. Ich habe meine Anforderungen und Ansprüche wertschätzend und klar geäußert. Das Ziel am Ende des Unterrichts oder in der Prüfung ist bekannt, die Chancen und Bedingungen sind für alle gleich.

Ich kann Lösungsversuche konstruktiv begleiten, kritisches Feedback ressourcenstärkend artikulieren und durch handlungsorientierte Lernarrangements Raum geben für Selbsterleben, Kompetenzentwicklung und Selbstlernfähigkeit."

Welche kognitiven Bewertungen und Emotionen bilden sich nun, wenn Du Situationen beobachtest? Welches Verhalten und welche Reaktionen, aber auch Konsequenzen könnten sich nun ergeben?

Die Macht meiner Gedanken = die Art meiner Reaktion = nonverbales und/oder verbales Verhalten = Reaktion der Gruppe/des Lernenden, nonverbal und/oder verbal...

Wir sollten Verantwortung übernehmen - für die Macht unserer Gedanken, also unser Wirken: Und überlegen, warum wir welche Schlüsse ziehen (welche Bedürfnisse stecken vielleicht wirklich dahinter?).

P.S.: "Die eigentlichen Veränderungen setzen >> vor<< dem Verhalten ein." (Hinsch/Wittman 2010:75)



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